Herr Wankmiller, wie fühlt es sich an, nach einer vierjährigen AMB-Pause wieder in Stuttgart auf dieser wichtigen Leitmesse präsent zu sein?
Leitmessen haben nach wie vor für GROB eine hohe Bedeutung, da wir in fünf Tagen eine immense Anzahl von Gesprächen führen können. Wichtige europäische Leitmessen sind für uns die AMB und die EMO. Wir haben jedoch auch die Erkenntnis gewonnen, dass Hausmessen in unseren Werken eine sehr gute Ergänzung zu den internationalen Messen darstellen. Während den Hausmessen können wir unser komplettes Produktprogramm von den Zerspanungsmaschinen mit Automation bis zu den verschiedenen Produkten der E-Mobilität in Aktion, in unseren Anwendungszentren und Montagehallen präsentieren. Wir werden auch zukünftig unsere Messeplanungen für eine ideale Kombination, zwischen den internationalen Messen und unseren Hausmessen abstimmen.
Was sind für die Firma GROB die wichtigsten Themen, die mit ihrer siebten Teilnahme auf dieser Maschinenbau-Messe kommuniziert werden?
Wir zeigen unsere neuesten Zerspanungsmaschinen im Bereich der Universalmaschinen, wie auch im Systemgeschäft für die Automobilindustrie. Das ist die 4-Achs-Maschine G440, die kleine 5-Achs-Maschine G150 und die große doppelspindlige G520F für die Bearbeitung von Rahmenstruktur- und Fahrwerksteilen. Zusätzlich zeigen wir zum ersten Mal unseren 3D-Drucker GMP300 in der Technologie Liquid Metal Printing. Die G440 und die G150 sind mit den GROB-Automatisierungseinrichtungen, wie Palettenrundspeicher und Roboterzelle ausgestattet. Mit diesen neuen Maschinen haben wir noch umfangreichere Möglichkeiten das große Spektrum der Werkstückbearbeitungen im Zerspanungsbereich abzudecken. Mit den GROB-Automatisierungseinrichtungen zeigen wir zusätzlich, dass die GROB-Zerspanungsmaschinen auch mannlos über längere Zeiten betrieben werden können. In einem Modell Fahrzeug-Unterbau zeigen wir die neuen Bauteile des elektrischen Antriebsstrangs und der sehr leichten Rahmenstrukturbauteile in den neuen Autos. Alle diese Bauteile können ideal mit den GROB-Maschinen produziert werden.
Was sind Ihrer Meinung nach die Highlights dieser Messe?
Es gibt keine bahnbrechenden, uns überraschenden Neuheiten. Es gibt Weiterentwicklungen, die auch beim Wettbewerb mit Automatisierung dargestellt werden. Auch Weiterentwicklungen in der Digitalisierung und der Vernetzung. Wenngleich dieses Thema, das vor vier Jahren als Hype auf den Messen aufschlug, sich wie das autonome Fahren beim Auto etwas relativiert hat. Die Digitalisierung und Vernetzung sind nach wie vor existent und auch sehr wichtig. Ansonsten sind keine Quantensprünge in der CNC-Technik vorhanden. Kurz, GROB ist mit seinen Analysen gut unterwegs. Wir platzieren die richtigen Maschinen mit besten Voraussetzungen für die moderne Produktion.
Der Schwerpunkt der AMB-Messe liegt auf der Zerspanung und GROB zeigt erstmals seine neue Liquid Metal Printing Anlage GMP300 aus dem Bereich der Additiven Fertigung. Wie passt das zusammen?
Diese Maschinentechnik dürfen wir hier zeigen, weil sie im weitesten Sinne auch mit Metallbearbeitung zu tun hat. Für uns ist das der erste internationale Test, wie diese Maschine ankommt. Bisher war der Test mit dieser Maschine ein Heimspiel auf unserer Hausmesse. Jetzt erkennen wir, dass es für diese Maschine ein großes Interesse gibt. Auch konnten wir erneut unter Beweis stellen, dass sich GROB nach wie vor auch traut, in der Entwicklung ganz neue Wege zu gehen. Ich persönlich sehe den Bereich der Additiven Fertigung als einen weiteren vielversprechenden Markt, zumal generell das 3D-Drucken immer mehr in der Produktion an Bedeutung gewinnt.
Wie sehen Sie die Entwicklung des deutschen Maschinenbaus vor den aktuellen weltweiten Herausforderungen der Märkte?
Technologisch sehe ich den deutschen Maschinenbau nach wie vor gleich gut positioniert wie in der Vergangenheit, da er sich gut genug an die Veränderungen angepasst hat. Allerdings sehen wir mehr und mehr, dass China seine Eigenversorgung begonnen hat und auch immer weiter ausbauen wird. Mittel- und langfristig werden wir von GROB nicht mehr die Volumina an Maschinen nach China liefern können, als in der Vergangenheit. Das ist eine klare Strategie von China, die mehr und mehr deutlich wird. Ein zunächst für die deutschen Maschinenbauer schmerzlicher Weg, wenn so ein Markt zunehmend abnimmt. Für GROB kommt diese Entwicklung zu einem Zeitpunkt, wo wir erfreulicherweise durch die E-Mobilität den Anteil der Zerspanung schmerzlos reduzieren können, da wir mit der E-Mobilität vorzugsweise Kunden in Europa bedienen und beliefern können. Unser Geschäft aus Asien wird federführend von unserem Standort in Dalian lokal durchgeführt. Eine Entwicklung, die gleichzeitig eine Bestätigung unserer Strategie darstellt.
Die asiatische Entwicklung – besonders in China – im Bereich von Technologie Know-how wird von vielen in Europa als Bedrohung empfunden. Sehen auch Sie diese Gefahr und wie geht GROB mit dieser Entwicklung um?
Wir haben in China seit zehn Jahren intensive Erfahrungen sammeln können und haben schon damals antizipiert, dass diese Zuwächse auf Dauer nicht haltbar sein werden und haben uns entsprechend darauf vorbereitet.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung hin zum Elektroantrieb? Haben Sie nicht Sorge, dass zukünftig noch ganz andere Antriebsarten wie Wasserstoff von Relevanz sein könnten?
Die Entwicklung der Antriebstechnologien verfolgen und analysieren wir ständig. Der Umstieg auf Wasserstoff wird nicht schnell und plötzlich erfolgen können, da die Produktion des Wasserstoffs energieaufwendig und prozesstechnisch nicht einfach darstellbar ist. Wasserstoff ist ohne Zweifel ein idealer Energieträger. Die Technologie zur Verwendung in Autos ist nach wie vor aufwendig und noch zu teuer. Es wird daher noch eine ganze Weile dauern, bis Wasserstoffantriebe im großen Maße marktfähig sein können.
Wie haben sich Umsatz und Auftragseingang bei GROB entwickelt?
Unser Auftragseingang in diesem Geschäftsjahr (seit März) ist phänomenal und beläuft sich aktuell auf 1,2 Mrd. Euro. Mehr als doppelt so hoch wie letztes Jahr. Dabei entfallen 2/3 des Auftragseingangs auf den Technologiebereich E-Mobilität.
GROB hat sich in kürzester Zeit zu einem der Weltmarktführer im Bereich der Elektromobilität entwickelt? Wie hat GROB den Sprung von den Zerspanungstechnologien zu den Technologien der E-Mobilität geschafft?
2016 starteten wir mit den ersten Versuchen in der E-Mobilität. 2017 gab es noch einige Projekte für Elektroantriebe mit Runddrahttechnik. Ein Jahr später, 2018, kam dann der Durchbruch in der Autoindustrie für die Hairpin-Technik und wir erlebten bei GROB einen fulminanten Beginn mit Anlagen zur Produktion von Elektroantrieben.
Wie stark ist GROB von schwankenden Energiemärkten abhängig?
Auch uns macht die Verteuerung der Energiekosten schwer zu schaffen. Energie ist für uns in der Firma ein erheblicher Kostenfaktor und wir gehen von einer Verdoppelung der Energiekosten aus. Der größte Faktor ist allerdings der starke Anstieg der Materialkosten, da diese 50 Prozent unserer Gesamtkosten ausmachen. Das bedeutet, dass wir allein in diesem Jahr mit Materialmehrkosten von über 55 Millionen Euro rechnen müssen. Dagegen fallen die Kosten für Strom und Energie nicht so ins Gewicht.
Welchen Impact haben die aktuell unsicheren Lieferketten auf die Produktion bei GROB?
Wir haben mit den unsicheren Lieferketten schon jetzt große Probleme und Aufwendungen, können allerdings damit noch einigermaßen umgehen. Wir sehen allerdings auch, dass sich die Lage weder verbessert noch verschlechtert.
Amerika, Europa, China tragen traditionell je ein Drittel zum GROB-Umsatz bei. Welche Auswirkungen haben die Lockdowns in China?
Die Umsatzanteile dieser drei Hauptmärkte haben sich bei GROB verschoben: Europa derzeit 40 - 45 %, VR China 25 % und Amerika 30 - 35 %. Auch können wir feststellen, dass die ganze Globalisierung stark rückläufig ist, was uns als Exportunternehmen stark beeinflusst hat. Wir waren früher in der alten Technikwelt sehr zentralistisch ausgerichtet. Jetzt haben wir die Tochterwerke verstärkt ausgebaut. Damit sind wir zwar unabhängiger geworden, was aber nicht einfach zu bewältigen war.
Bereits seit Jahren wird über Arbeitskräftemangel, besonders im Bereich der Facharbeiter geklagt. Wie schafft es GROB, besonders im ländlichen Raum, diese Herausforderung zu bewältigen?
Bei GROB ein Top-Thema. Wir haben von Januar bis Ende August über 660 neue Mitarbeiter eingestellt und gehen davon aus, dass wir bis Ende dieses Jahres 800 zusätzliche Mitarbeiter in Mindelheim an Bord haben werden. Die Einführung und Qualifizierung dieser Mitarbeiter ist eine große Herausforderung für die Führungskräfte und das Personalmanagement. So haben wir Methodenprogramme aufgesetzt, dass jeder neue Mitarbeiter einen erfahrenen Mentor zur Seite gestellt bekommt, der ihm die Arbeitstools erklärt und ihn bei seiner Arbeit begleitet. So bekommt jeder neue Mitarbeiter ein direktes Feedback, was er richtig oder falsch macht.
Inwieweit hat/hatte Corona Auswirkungen auf das Geschäft von GROB?
Corona hatte große Auswirkungen auf uns. Wir konnten zum Aufstellen/ Inbetriebnehmen der Maschinen nicht mehr so viele Mitarbeiter unproblematisch entsenden. Die Quarantänemaßnahmen haben die Menschen sehr belastet und uns viel Geld gekostet. Bei Problemen in den Märkten konnten wir nicht schnell genug einen Mitarbeiter entsenden und mussten alles mühselig online oder mit lokaler Unterstützung lösen. Aktuell haben wir zusätzlich enorme Schwierigkeiten mit einer termingenauen Materialversorgung. Verursacht durch die verschiedenen Krisen, sind die Lieferketten und Produktionskapazitäten weiterhin gestört und eine zuverlässige Versorgung ist nicht gegeben.
Wie hat es GROB geschafft, den Herausforderungen der Digitalisierung in allen Unternehmensbereichen gerecht zu werden?
Die Digitalisierung ist für GROB ein Top-Thema und das wird auch in der Zukunft so bleiben. Die vielen verschiedenen GROB-Produkte beinhalten in der Mechanik und der Elektro- und Steuerungstechnik Datensätze, die durch den gesamten Produktentstehungsprozess gehalten und angepasst werden müssen. Die gesamte Auftragsabwicklung, vom Vertrieb über den Einkauf bis hin zum Controlling und der Finanzabteilung ist komplex und macht eine durchgängige, integrierte Datenhaltung unabdingbar. GROB wird die Digitalisierung und die Vernetzung konsequent vorantreiben, um für alle Prozesse, Abläufe und Abteilungen die besten Voraussetzungen mit höchster Transparenz zu schaffen.
Wo sehen Sie GROB in fünf oder in zehn Jahren?
Das Umfeld, in dem sich GROB bewegt, mit dem Schwerpunkt Autoindustrie und seine internationale Wettbewerbssituation erfordert höchste Konzentration und einen Blick auf das Wesentliche. Unser Business wird immer hoch anspruchsvoll bleiben. Ein entscheidender Faktor für den weiteren Erfolg sind die Mitarbeiter, deren Qualifikation und ihre fortlaufend hohe Motivation, für die beste Lösung zu arbeiten, um durchgehend die hohe Qualität der GROB-Produkte zu garantieren. Eine Kombination aus Teamgeist, Begeisterung für Technik und Qualität, die jeden Tag immer wieder aufs Neue zusammenfinden muss.
Danke für das Gespräch